Webanalyse: Die aktuelle Verbreitung von Schriftarten bei Web-Usern
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Die Webmasterpro Webanalyse erfasst diesmal erstmals in einer repräsentativen Statistik die Verbreitung von Schriftarten auf User-Seite im (deutschsprachigen) Netz und stellt neue Alternativen zu Verdana, Arial & Co vor.
Jeder, der sich länger mit der Gestaltung von Webseiten beschäftigt, wird irgendwann einmal das Bedürfnis verspüren, vom vielbefahrenen Arial-Verdana-Highway abzuzweigen, um eine individuellere Route einzuschlagen. Dabei kommt er jedoch leider (noch) nicht umhin, sich zu fragen wie viele Benutzer die auserwählte Schriftart installiert haben und ob und für wen er eventuell Alternativen anbieten muss.
Überraschenderweise gibt es hierzu sehr wenige aktuelle Zahlen. Zwar existieren Statistiken im Netz, doch die meisten sind entweder hoffnungslos veraltet oder nicht repräsentativ. Ein guter Grund für die Webanalyse, die Verbreitung von Schriftarten im Netz einmal genauer unter die Lupe zu nehmen und damit Webdesignern und Webentwicklern die Möglichkeit zu zeigen, dass es auch anders geht.
Zusätzlich haben wir für Interessierte eine komplette Liste der getesteten Schriftarten und ihre Verbreitung im deutschsprachigen Internet veröffentlicht.
Die Statistiken wurden durch den FlashCounter Statistik-Service auf über 100.000 vorwiegend deutschsprachigen Seiten ermittelt und bieten somit einen guten Querschnitt durch das deutschsprachige Netz.
Verbreitung - Web Core Fonts (Microsoft)
In den Jahren 1996 bis 2002 versuchte Microsoft mit seinem Projekt "Core fonts for the Web" zehn Schriften für den Gebrauch im Internet zu standardisieren. Die Schriftarten sind bis heute standardmäßig auf Windows- und Mac-Systemen installiert und werden für andere Systeme zum freien Download bereitgestellt (die Schriftart Andale Mono ist seit Windows ME / IE 5 allerdings nicht mehr in Microsoft-Produkten enthalten):
Schriftart | Verbreitung |
99,5% | |
99,4% | |
99,1% | |
99,1% | |
98,7% | |
98,6% | |
98,5% | |
98,3% | |
4,8% |
Hier bieten sich keine großen Überraschungen - wer seine Website in Arial, Verdana, Trebuchet oder Georgia gestaltet ist auch weiterhin auf der sicheren Seite. Die anderen Schriftarten haben sich im Webdesign nicht durchsetzen können, was z.B. im Fall der Comic Sans MS wahrscheinlich auch kein großer Verlust ist. Die Impact könnte rein technisch betrachtet mit dem Antialiasing der neuen Browser- bzw. Betriebssystem-Generationen auch für kleinere Schriftgrößen wieder in Frage kommen.
Verbreitung - Windows XP-Schriften
Die "zweite Garde" der Webschriften sind erwartungsgemäß solche, die mit Windows verbreitet werden (immerhin knapp 95% der deutschen Internetbenutzer - vor zwei Jahren waren es übrigens noch 97%):
Schriftart | Verbreitung |
98,7% | |
98,3% | |
96,6% | |
95,5% | |
95,3% | |
94,1% | |
93,8% |
Hier finden sich durchaus einige Schriften, bei denen es eigentlich verwunderlich ist, dass sie bisher im Web so gut wie gar keine Verwendung finden, stehen sie doch in ihrer Verbreitung den Core Fonts in fast nichts nach. So spricht beispielsweise nichts gegen die Verwendung der Tahoma als Verdana-Ersatz und auch die Franklin Gothic verdient eine nähere Betrachtung. Die Palatino ist eine schöne Serifenschrift, die sich gut für Überschriften eignet und auch die Arial Black kann, in Versalien gesetzt, gute Dienste z.B. als Menüschrift verrichten.
Verbreitung - Windows Vista-Schriften
Hier wird es interessant: Für Windows Vista hat sich Microsoft von namhaften Schriftgestaltern einen Satz von sechs ClearType-Systemschriften entwickeln lassen, die in Designerkreisen allgemein Anerkennung finden.
Inzwischen surfen schon etwa 20% auf einem Vista-PC und da die ClearType-Fonts nicht nur mit Vista und den Office 2007-Produkten verbreitet werden sondern beispielsweise auch in dem (kostenlosen) Powerpoint Viewer 2007 enthalten sind, haben sie sich inzwischen schon weiter verbreitet als vermutet:
Schriftart | Verbreitung |
45,4% | |
44,2% | |
44,1% | |
44,1% | |
44,1% | |
34,5% | |
39,4% | |
25,6% | |
25,6% | |
3,6% |
Allerdings gibt es einen kleinen Wermutstropfen: Die neuen ClearType-Schriften fallen durchwegs kleiner aus als die etablieren Webschriften - während die Verdana mit 12px schon groß wirkt, braucht die Calibri fast schon 13px, um lesbar zu sein. Das macht eine alternative Verwendung schwer. Vielleicht ließe sich das Problem aber (bis die CSS3-Eigenschaft font-size-adjust
endlich diese Arbeit übernimmt) lösen, indem man auf "webuntypische" aber trotzdem weitverbreitete Schriften wie z.B. die Franklin Gothic oder Palatino als Alternativen zurückgreift?
Der Frutiger-Clon Segoe, der bei Vista als Interface-Schrift dient, ist mittlerweile fast auf jedem zweiten Rechner in irgendeiner Art und Weise installiert (die Segoe Media Center ist ausschließlich auf Windows Media Center-PCs zu finden und ist eine abgespeckte Segoe). Hier stimmt glücklicherweise auch die Größe, um ihn mit halbwegs vernünftigem Ergebnis alternativ mit der Verdana zu verwenden (auszuprobieren auf dem TypeTester).
Verbreitung - Andere Schriften
Auch die Schriften, die erst mit einer bestimmten Software installiert werden, sind verbreiteter als gedacht. Hier eine Auswahl der häufigesten Schrifttypen:
Schriftart | Verbreitung | enthalten in |
80,9% | MS Office, MS Word | |
78,8% | MS Office, MS Word | |
77,1% | MS Office, MS Word | |
75,9% | MS Office, MS Word | |
75,8% | MS Office, MS Word | |
60,1% | MS Office, Mac OS X ("Copperplate"), Windows 98 | |
71,5% | MS Office, MS Word | |
58,0% | MS Office, Mac OS X | |
51,2% | MS Office, MS Word | |
55,3% | MS Office, MS Word | |
48,8% | MS Office | |
44,7% | MS Office, Mac OS X ("Gill Sans") | |
43,4% | MS Office | |
34,2% | MS Office | |
34,1% | MS Office | |
22,2% | Mac OS X, MS Office(?) | |
8,9% | Adobe Creative Suite | |
8,8% | Adobe Creative Suite |
Auch wenn man hier bereits gut über eine Alternative für Benutzer, die die Schriftart nicht besitzen, nachdenken muss, ist es doch gut zu wissen, dass mit der Arial Narrow auch eine Condensed-Schrift im Webtypo-Repertoire zur Verfügung steht. Seltenere Schriften wie die Bodoni könnten z.B. auf anspruchsvolleren Seiten nach sorgfältiger Abwägung der Schriftgrößen als optionale Alternative zu gebräuchlicheren Serif-Schriften ihren Platz finden.
In welchen Microsoft-Produkten und jeweiligen Versionen die Schriften enthalten sind, ist auf der Microsoft Font-Seite dokumentiert.
Verbreitung - Open Source-Schriften
Die meisten Open Source-Schriften tummeln sich im Bereich weit unter einem Prozent - kein Wunder, liegt doch der Anteil der Linux-User insgesamt immer noch bei knapp 2%. Wahrscheinlich auch durch OpenOffice und andere Software sind allerdings folgende Schriften relativ verbreitet:
Schriftarten | Verbreitung |
12,6% | |
12,5% | |
9,7% |
Mac- und Linux-Schriften
Da keine der anderen Schriften in der Gesamtstatistik mehr als 5% erreicht, werden sie hier erst mal vernachlässigt. Alle 100 von uns getesteten Schriften können Sie aber in unserer Tabelle Verbreitung von Schriftarten
Datengewinnung
Um das Vorhandensein einer Schriftart zu detektieren, verwendeten wir eine Kombination aus CSS und Javascript - die erstmals hier beschriebene Methode. Damit konnten in Tests schon relativ akkurate Ergebnisse erziehlt werden, die wir aber mit einigen Tricks noch weiter verbessern und noch zuverlässiger machen konnten, sodass sie letztendlich in über 99% der Browser funktionierte. Das weiter unten beschriebene Helvetica-Mysterium konnten wir durch Verbesserung des Codes ebenfalls umgehen, sodass wir hier für jede der getesteten Schriftarten repräsentative Verbreitungswerte angeben können.
Das Helvetica-Mysterium
Eines bereitete uns bei der Datengewinnung anfangs Kopfzerbrechen: Helvetica und Times waren auf fast jedem Computer vorhanden, obwohl diese Schriftarten nur eine signifikante Verbreitung auf Mac-Systemen zeigen dürften. Nach einigem Herumprobieren fiel uns schließlich auf, dass die Apple-Standardschrift auf vielen Rechnern vom Browser per interner Übersetzungstabelle automatisch mit Arial (Windows) oder Nimbus Sans (Linux) ersetzt wird. Damit verhält sich jeder Browser, als wäre die Helvetica vorhanden - was auch bedeutet, dass nicht auf die im CSS angegebene Fallback-Schriftart zurückgegriffen wird:
1 2 3 4 | <p style="font-family: 'Helvetica', 'Comic Sans MS'">
Dieser Textblock wird nicht die Fallback-Schriftart Comic anzeigen,
da der Browser (IE, FF, Opera, Safari) so tut als wäre Helvetica installiert.
</p>
|
Das sollte vielleicht bei Schriftdefinitionen, die die Helvetica oder Times enthalten, immer im Hinterkopf behalten werden - und erklärt so nebenbei auch die teilweise absurd hohen Helvetica-Quoten in manchen Statistiken.
Ob das ganze auch "andersherum" auf dem Mac funktioniert und warum manche Systeme doch brav die Abwesenheit der Schrift berichten muss noch geklärt werden.
Weiterführend
- Wir haben auch eine vollständige Liste aller von uns getesteten Schriften und und ihre Verbreitung für Sie zusammengestellt.
- Zu unseren weiteren Webanalyse-Berichten geht es hier.
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- Außerdem interessant: Freie Schriftwahl für die Website? Mit @font-face können Schriften in Webseiten eingebettet werden. Kommt damit endlich die typographische Freiheit im Netz?